- eine empirische Analyse - Häufig wird die Ertragsteuerbelastung deutscher Unternehmen mit rund 60% angegeben. Dieses ist eine Betrachtung, die von der Annahme ausgeht, daß z.B. ein Gewinn von 100 entsteht, auf den der Thesaurierungstarif der Körperschaftsteuer inklusive Solidaritätszuschlag sowie die Gewerbesteuer vom Ertrag angewendet werden. Diese sog. rechtliche Ertragsteuerbelastung zeigt die obere Kurve in Abb. 1 für die Jahre 1990 bis 1995. Ermittelt man die rechtliche Ertragsteuerquote unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Ausschüttungsquoten der DAX-Unternehmen und somit teilweise unter Anwendung des Ausschüttungstarifs von 30%, so ergibt sich eine zweite Kurve, die ebenfalls in Abb. 1 dargestellt ist und im Mittel etwa acht Prozentpunkte unter der Thesaurierungskurve liegt. Die tatsächliche Ertragsteuerbelastung, die sich durch Anwendung der Tarife auf die tatsächlichen Bemessungsgrundlagen ergibt, hängt entscheidend von der Größe der Unternehmen ab. Dabei zeigt sich, daß die Ertragsteuerbelastung der DAX-Unternehmen,[1] also der größten deutschen Unternehmen, sowohl auf Ebene des Konzerns als auch auf Ebene der Muttergesellschaft im gesamten Betrachtungszeitraum unter der rechtlichen Steuerbelastung liegt. Zudem wird deutlich, daß sich zwischen der rechtlichen und der tatsächlichen Ertragsteuerbelastung der DAX-Unternehmen eine Schere öffnet, die für die Ebene der Muttergesellschaft weitaus stärker ausgeprägt ist als für die Ebene des Konzerns. Betrachtet man dagegen die tatsächlichen Ertragsteuerquoten für mittelständische deutsche Unternehmen[2] und vergleicht diese mit den Kurven der DAX-Unternehmen, so zeigt sich folgendes: · Im Gegensatz zu den DAX-Unternehmen verläuft die Ertragsteuerquote bei den mittelständischen Unternehmen weitgehend parallel zur rechtlichen Steuerbelastung. Demnach wird die Steuerbelastung mittelständischer Unternehmen im wesentlichen von den steuerlichen Rahmenbedingungen in Deutschland beeinflußt. · Die mittelständischen Unternehmen weisen in allen sechs Jahren des Betrachtungszeitraums eine höhere Ertragsteuerquote als die Großunternehmen auf, wenn der Einzelabschluß zugrunde gelegt wird. · Im Vergleich zur Ertragsteuerquote der DAX-Unternehmen auf der Ebene des Konzerns ergibt sich für die mittelständischen Unternehmen nur im Jahr 1990 eine geringere Quote, in den restlichen Jahren liegt sie teilweise deutlich darüber. Abb. 1: Entwicklung der Ertragsteuerquoten von Kapitalgesellschaften in Deutschland zwischen 1990 und 1995 in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße Abb. 2: Anteile der auf das In- und Ausland entfallenden Ertragsteuerzahlungen der DAX-Konzerne für die Jahre 1990 bis 1995 Begründen läßt sich die Tatsache, daß Großunternehmen eine geringere Ertragsteuerquote als mittelständische Unternehmen aufweisen, mit folgenden Überlegungen: Bei den DAX-Unternehmen handelt es sich um weltweit tätige Konzerne, bei denen die in Deutschland erzielten und versteuerten Gewinne zu Lasten der im Ausland erwirtschafteten und dort versteuerten Gewinne zurückgehen. Die mittelständischen Unternehmen sind dagegen überwiegend in Deutschland tätig, so daß der Hauptteil ihrer Gewinne in Deutschland anfällt und dort auch versteuert wird. Aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit profitieren die DAX-Unternehmen im Gegensatz zu mittelständischen Unternehmen somit vom internationalen Steuergefälle, das aus deutscher Sicht im Verhältnis zu den meisten anderen Industrienationen besteht. Die im Vergleich zu den mittelständischen Unternehmen geringe Konzernsteuerquote läßt allerdings keine Rückschlüsse über die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Konzerne im internationalen Vergleich zu. Ein Blick auf die Konzernsteuerquoten in anderen wichtigen Industrienationen - Frankreich (CAC40), Niederlande (AEX25), USA (DJ Comp65), Großbritannien (FTSE100) sowie einen als Benchmark herangezogenen europäischen Aktienindex (DJ Stoxx50) - zeigt (siehe Abb. 3),[3] daß deutsche Konzerne ihre Wettbewerbsposition im Verlauf der letzten zehn Jahre zwar verbessern konnten, die ausländischen Quoten allerdings weiterhin (z. T. beträchtlich) unter der deutschen Quote liegen. Welche Gründe hierfür im einzelnen ausschlaggebend sein können, wird derzeit untersucht. Vermutlich hat die Höhe der rechtlichen Steuerbelastung im jeweiligen Sitzstaat der Konzernmuttergesellschaft einen großen Einfluß. zu Abb. 1: Ertragsteuerquoten national (in v.H. des Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit)
zu Abb. 3: Ertragsteuerquoten international (in v.H. des Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit)
[1] Es handelt sich jeweils um die Mediane der Ertragsteuerquoten der DAX-Unternehmen für die Ebene des Konzerns und des Einzelabschlusses. Die relevanten Jahresabschlußdaten sowie die Steuerzahlungen wurden der Hoppenstedt Bilanzdatenbank CD-ROM, Ausgabe 1997, entnommen. [2] Abgebildet ist ebenfalls der Median der Ertragsteuerquoten der mittelständischen Unternehmen für die Jahre 1990 bis 1995. Die Daten wurden einer Studie von Baetge entnommen, der als Abgrenzungskriterium für mittelständische Unternehmen die Grenzen für die Umsatzerlöse gemäß § 267 Abs. 2 HGB herangezogen hat. Danach wurden den mittelständischen Unternehmen solche Kapitalgesellschaften zugeordnet, deren Umsatzerlöse unter 42,48 Mio. DM lagen. In die Untersuchung wurden für die einzelnen Jahre 2.285 (1990), 3.247 (1991), 3.670 (1992), 4.206 (1993), 3.942 (1994) und 2.880 (1995) mittelständische Unternehmen einbezogen. Vgl. Baetge, J., Vergleich der Steuerlast von international tätigen Großunternehmen und eher standortgebundenen kleinen und mittleren Betrieben, Münster 1997, insbesondere S. 22-40. [3] Es handelt sich jeweils um die Mediane der Ertragsteuerquoten für die Ebene des Konzerns. Die relevanten Jahresabschlußdaten sowie die Steuerzahlungen wurden der Worldscope-Disclosure-Datenbank, Ausgabe 1999, entnommen. |